Beim Bezug von Vorsorgekapital der 2. oder 3. Säule fällt eine Kapitalbezugssteuer an. Wie die Kapitalbezugssteuer in Ihrem Kanton berechnet wird und warum man von einer «reduzierten» Steuer spricht, zeigen wir in diesem Beitrag – samt Tabellen und konkreten Beispielen.

Inhaltsverzeichnis

Zum Zeitpunkt des Bezugs muss das Vorsorgeguthaben aus der 2. oder 3. Säule versteuert werden. Während eine Rente als Einkommen besteuert wird, ist bei einer Kapitalleistung oder einem Vorbezug eine reduzierte Kapitalbezugssteuer fällig.

Berechnungsweise der reduzierten Kapitalbezugssteuer

Die Steuergesetze der Kantone und des Bundes haben bei der Berechnung der Kapitalbezugssteuer Folgendes gemeinsam:

  1. Die Kapitalbezugssteuer wird getrennt vom übrigen Einkommen besteuert, weshalb von einer «reduzierten» Steuer die Rede ist.
    Konkret kann es also sein, dass zwei Nachbarinnen einen gleich hohen Anteil vom Kapitalbezug dem Staat abliefern müssen, obwohl die eine mehr verdient als die andere. Voraussetzung dafür ist aber natürlich, dass der Kapital- oder Vorbezug bei beiden Nachbarinnen gleich hoch ist.
  2. Fallen in einem Steuerjahr mehrere Kapitalleistungen (aus der 2. oder 3. Säule) an, werden diese zur Berechnung der reduzierten Kapitalbezugssteuer zusammengezählt. Auch Auszahlungen an (Ehe-)Partner:innen werden in der Regel gemeinsam besteuert.
  3. Die Sozialabzüge, die sonst bei der Berechnung des steuerbaren Einkommens gewährt werden, gelten für Kapitalleistungen nicht.

Abgesehen von diesen Gemeinsamkeiten fällt die Besteuerung jedoch in jedem Kanton unterschiedlich hoch aus. Warum dem so ist, schauen wir uns nun genauer an.

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Interkantonaler Vergleich der Kapitalbezugssteuer
(Gemeinde-, Kantons- und Bundessteuer zusammen)

Wie Sie anhand der Tabelle sehen, fällt die Kapitalbezugssteuer im Verhältnis zur Kapitalleistung aus der 2. und 3. Säule je nach Kanton unterschiedlich hoch aus. Die Tabelle kann nach Belieben sortiert werden.

50'000100'000250'000500'0001 Mio.2 Mio.5 Mio.10 Mio.20 Mio.
AG, Aarau3.3%5.0%7.3%8.3%8.9%9.0%9.1%9.2%9.2%
AI, Appenzell2.4%3.4%4.7%5.2%5.4%5.4%5.4%5.4%5.4%
AR, Herisau7.6%8.0%9.0%10.0%11.2%11.7%12.0%12.1%12.1%
BE, Bern3.6%4.7%6.7%8.4%9.8%10.5%11.1%11.3%11.3%
BL, Liestal3.5%3.9%4.9%6.7%9.6%9.7%9.7%9.7%9.7%
BS, Basel3.7%5.3%8.3%9.5%10.0%10.1%10.2%10.3%10.3%
FR, Fribourg4.1%5.6%9.2%11.3%12.3%12.7%12.9%13.0%13.1%
GE, Genève3.0%4.7%6.7%7.9%8.5%8.8%8.9%8.9%9.0%
GL, Glarus4.8%5.2%6.2%6.7%6.9%6.9%6.9%6.9%6.9%
GR, Chur3.0%3.4%4.4%5.9%6.1%6.1%6.1%6.1%6.1%
JU, Delémont5.4%6.2%8.7%9.7%10.1%10.2%10.3%10.3%10.4%
LU, Luzern4.0%5.3%7.2%8.2%8.6%8.7%8.7%8.7%8.7%
NE, Neuchâtel4.9%5.8%8.0%8.6%8.9%8.9%8.9%8.9%8.9%
NW, Stans2.7%3.7%5.1%5.6%5.7%5.7%5.7%5.7%5.7%
OW, Sarnen5.3%5.7%6.7%7.2%7.4%7.4%7.4%7.4%7.4%
SG, St. Gallen5.7%6.1%7.1%7.6%7.8%7.8%7.8%7.8%7.8%
SH, Schaffhausen2.2%3.5%5.3%5.8%6.0%6.0%6.0%6.0%6.0%
SO, Solothurn3.6%5.0%7.0%7.7%7.8%7.8%7.8%7.8%7.8%
SZ, Schwyz1.3%2.4%5.9%8.7%10.7%10.7%10.7%10.7%10.7%
TG, Frauenfeld6.3%6.6%7.7%8.2%8.4%8.4%8.4%8.4%8.4%
TI, Bellinzona4.0%4.4%5.4%7.3%14.2%19.7%24.6%27.5%29.2%
UR, Altdorf3.9%4.3%5.3%5.8%6.0%6.0%6.0%6.0%6.0%
VD, Lausanne3.4%4.7%7.1%8.5%9.1%9.3%9.4%9.5%9.5%
VS, Sion4.4%4.8%6.4%9.3%10.3%10.3%10.3%10.3%10.3%
ZG, Zug1.8%3.4%5.0%5.9%6.4%6.5%6.5%6.6%6.6%
ZH, Zürich4.5%4.9%6.0%7.4%11.4%16.0%22.3%26.5%28.6%

– Annahme: Auszahlung im Alter von 65 Jahren, alleinstehender Mann, konfessionslos
– Quelle Steuerdaten: Steuerrechner des Bundes

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Verschiedene Berechnungsmethoden der Kantone

Je nachdem, in welchem Kanton Sie wohnhaft sind, kommt eine andere der vier Methoden zur Berechnung der einfachen Steuer zur Anwendung. Beachten Sie: Um den effektiven Steuerbetrag zu berechnen, muss die mit dem Steuersatz ermittelte einfache Steuer jeweils mit dem Gemeinde- und Kantonssteuerfuss multipliziert werden (siehe Rechenbeispiele). Auch haben verschiedene Kantone zusätzliche Leitplanken in Form von Mindest- oder Maximalsteuersätzen (AR, AI, BL, GR, LU, NE, NW, SZ, TI, VS, ZG und ZH). Teils werden auch steuerfrei Beträge gewährt (AG, BE, BS, FR, GR, VS).

Die vier Berechnungsmethoden zur einfachen Steuer sehen wie folgt aus:

  • Besteuerung anteilsmässig am Steuertarif für Einkommen
    Bund, AG, AI, GE, LU, NE, NW, OW, SH, SO, VD und ZG

    Die Kapitalbezugssteuer beträgt ein Bruchteil der Steuer, die auf einem entsprechend hohen Einkommen hätte bezahlt werden müssen. Zur Berechnung kann entweder der Steuersatz oder die theoretisch zu zahlende Einkommenssteuer mit dem Bruchteil multipliziert werden (siehe Rechenbeispiel: Frau Müller).
  • Besteuerung nach dem System des Rentensatzes
    GR, SZ, TI, VS und ZH

    Auch dieses Modell orientiert sich am Einkommenssteuertarif. Die Berechnung ist aber komplizierter. Zuerst wird abgeklärt, wie hoch eine entsprechende Rente wäre, wenn das Vorsorgeguthaben in Rentenform bezogen würde. Mit der so ermittelten Rentenhöhe kann anhand des Einkommenssteuertarifs der Steuersatz ermittelt werden. Dieser Steuersatz wird anschliessend mit dem gesamten Kapitalbezug multipliziert (siehe Rechenbeispiel: Herr Kälin).
  • Eigener Steuertarif für Kapitalleistung
    AR, BE, BL, BS, JU und ZG

    In diesen Kantonen kommt ein separater Steuertarif – auch Staffeltarif genannt – speziell für den Kapitalbezug zur Anwendung. Die Höhe dieses Tarifs ist unabhängig vom Einkommenssteuertarif und wird im Steuergesetz separat aufgeführt.
  • Fixer Prozentsatz für Kapitalleistung
    GL, SG, TG und UR

    Schliesslich gibt es Kantone, die es gerne einfach haben. Sie wenden einen fixen Steuersatz an, der auf der gesamten Kapitalleistung fällig wird. Unabhängig von der Höhe der Auszahlung ist der Steuersatz immer genau gleich hoch. Einzig wegen der Bundessteuer, die nicht stetig steigend, sondern progressiv ausgestaltet ist, nimmt die Steuerquote in der Vergleichstabelle auch in diesen Kantonen mit zunehmender Höhe des Kapitalbezugs zu. Dies jedoch deutlich geringer als in anderen Kantonen.

*Der Rentenumwandlungssatz ist von Kanton zu Kanton verschieden. Das Tessin und Wallis verwenden z. B. eine Tabelle zur Umrechnung von Kapitalleistungen in lebenslängliche Renten. Da es aktuell noch unterschiedliche Rentenalter für Frauen und Männer gibt, ist auch das Geschlecht massgebend für die Berechnung der Steuer dieser Kantone.

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Rechenbeispiel: Anteilsmässig am Steuertarif für Einkommen (2022)

Zur Veranschaulichung ein Beispiel mit Frau Müller, alleinstehend, konfessionslos und wohnhaft in der Gemeinde Luzern LU: Er möchte sein Freizügigkeitskapital in Höhe von 250’000 Franken beziehen.

  • Der Kanton Luzern besteuert Kapitalleistungen aus Vorsorge mit einem Drittel des Steuertarifs für Einkommen.
  • Der Steuertarif für ein Einkommen von 250’000 Franken beträgt 4.39 Prozent (gerundet). Ein Drittel davon ist 1.46 Prozent (gerundet). Multipliziert mit 250’000 Franken ergibt dies eine einfache Steuer von 3’658.53 Franken.
  • Der Steuerfuss der Gemeinde Emmen LU beträgt 3.82, multipliziert mit der einfachen Steuer resultieren daraus 13’975.58 Franken Kapitalbezugssteuer.
  • Hinzu kommt die Bundessteuer von 4’032.30 Franken, die nach demselben Modell des Bruchteils, jedoch mit einem Fünftel, berechnet wurde.
  • Die Kapitalbezugssteuer für Herrn Müller summiert sich so auf total 18’007.90 Franken, das entspricht 7.20 Prozent des Freizügigkeitskapitals.

Quellen:

  • Steuerrechner Luzern: https://steuern.lu.ch/steuererklaerung/kalkulatoren/kalkulatoren_natuerliche_personen/staats_gemeindesteuern
  • Steuerfuss Luzerner Gemeinden: https://steuern.lu.ch/publikationen/nav_einheiten_tarife

Rechenbeispiel: Besteuerung nach dem Rentensatz (2022)

Herr Kälin, alleinstehend, konfessionslos wohnt in der Gemeinde Schwyz SZ. Ihr Kapitalbezug in der Höhe von 250’000 Franken wird nach dem Rentensatz besteuert. Im Steuergesetz des Kantons Schwyz steht geschrieben: «Kapitalleistungen werden zu dem Steuersatz berechnet, der sich ergäbe, wenn an Stelle der einmaligen eine jährliche Leistung von 1/25 der Kapitalleistung ausgerichtet würde.»

  • 1/25 von 250’000 Franken ist 10’000 Franken.
  • Der Einkommenssteuertarif für 10’000 Franken Einkommen beträgt 1.275 Prozent. Dieser Tarif wird nun mit der gesamten Kapitalleistung multipliziert.
  • Dies ergibt eine einfache Steuer von 3’187.50 Franken.
  • Die einfache Steuer muss wiederum mit dem Steuerfuss multipliziert werden. Der Steuerfuss beträgt 335 Prozent der einfachen Steuer. Die Kantonssteuer umfasst somit 10’678.13 Franken.
  • Zusammen mit der Bundessteuer von 4’032.30 ergibt dies für Frau Kälin eine Steuer von total 14’710.53 Franken oder 5.9 Prozent der Kapitalleistung.

Quelle:

Steuerrechner Schwyz: https://www.sz.ch/steuern/steuern-natuerliche-personen/steuerberechnung/steuerrechner/steuerkalkulator-natuerliche-personen-copy-1.html/72-512-445-3489-3487-3483-7760

Steuerfuss Schwyzer Gemeinden: https://www.sz.ch/privatpersonen/steuern/steuern-natuerliche-personen/steuerberechnung/steuerfuesse.html/72-512-445-3489-3487-3480

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Rückzahlungen WEF-Vorbezugs: Bezahlte Kapitalbezugssteuer kann man zurückfordern

Wussten Sie, dass Sie Kapital, das Sie im Rahmen der Wohneigentumsförderung (WEF) aus der beruflichen Vorsorge beziehen, wieder zurückbezahlt werden kann? Beim WEF-Bezug fällt die Kapitalbezugssteuer an, wie wir sie oben beschrieben haben. Diese Steuer können Sie zurückfordern, falls Sie den Bezug wieder in die Pensionskasse zurückbezahlen. Wichtig zu wissen ist, dass Sie die Rückerstattung innert drei Jahren beantragen müssen und danach das Anrecht auf Rückerstattung erlischt. Eine automatische Rückerstattung ist nicht vorgesehen. Sie müssen also selbst aktiv werden.

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