Die hohen Renditeerwartungen von fondsgebundenen Lebensversicherungen werden oft nicht erfüllt, wie eine aktuelle Untersuchung der Schweizerischen Finanzmarktaufsicht zeigt. Inhaber:innen von anteilgebundenen Lebensversicherungen der Säule 3a oder 3b bleiben deshalb oft auf hohen versteckten Kosten sitzen. Welche Kosten das sind, zeigen wir in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine fondsgebundene Lebensversicherung überhaupt?
Anteil- oder fondsgebundene Lebensversicherungen sind gemischte Versicherungen, die Vermögen in der Säule 3a oder Säule 3b aufbauen und gleichzeitig Tod und Invalidität finanziell absichern. Das Spezielle an fondsgebundenen Lebensversicherungen ist, dass das angesparte Vermögen in Fonds investiert wird.
Da Lebensversicherungen oft eine lange Laufzeit haben, ist eine Anlage des Ersparten eigentlich sinnvoll. Trotzdem raten wir dringend von fondsgebundenen Lebensversicherungen ab. Über die reine Risikoversicherung fahren Sie besser. Warum, zeigen wir Ihnen im nächsten Kapitel.
Welche Kosten fallen bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung an?
Referenzofferte einer fondsgebundenen Lebensversicherung
Uns liegt eine Offerte vor von einer in der Schweiz angebotenen Lebensversicherung. Sie dient uns in diesem Beitrag als Beispiel.
- Monatsprämie: CHF 400
- Vertragsdauer: 25 Jahre
- versicherte Invalidenrente pro Jahr: CHF 12’000
- versichertes Todesfallkapital: CHF 150’000
Abschluss- und Vertriebskosten einer fondsgebundenen Lebensversicherung
(in unserem Fall: CHF 10’800)
Kombinierte Versicherungen, die eine Risikodeckung mit dem Sparprozess vereinen, werden in der Regel persönlich von Versicherungsmaklern oder Versicherungsvermittlern an Privatpersonen verkauft. Dementsprechend hoch ist der Aufwand für den Vertrieb. Dieser Aufwand muss gedeckt werden.
In einer uns vorliegenden Offerte einer in der Schweiz tätigen Lebensversicherungsgesellschaft sind folgende Kosten aufgeführt:
- Abschlusskosten: 4 % der Prämiensumme
- Vertriebskosten: 5 % der Prämiensumme
Die Prämiensumme umfasst sämtliche Einzahlungen, die man während der Versicherungsdauer tätigen wird. Im vorliegenden Beispiel liegt die Prämiensumme bei 120’000 Franken. Demnach müssen Sie als Kunde oder Kundin dieser Lebensversicherung nur für den Abschluss 4’800 Franken bezahlen. Für den Vertrieb fallen nochmals 6’000 Franken an, insgesamt zahlen Sie also 10’800 Franken.
Diese Kosten werden Ihnen aber nicht separat in Rechnung gestellt. Denn sonst würde niemand mehr eine Lebensversicherung abschliessen. Nein, die Abschluss- und Vertriebskosten werden Ihnen von Ihrem Sparguthaben abgezogen.
In unserem Beispiel läuft das so: Sie zahlen die Prämie, in unserem Fall 400 Franken pro Monat. Von Ihren Einzahlungen werden während der ersten fünf Jahre die Abschlusskosten anteilmässig abgezogen.
Prämienzahlung | CHF 400.00 |
Abschlusskosten pro Monat (CHF 4’800 / 60 Monate) | – CHF 80.00 |
Vertriebskosten pro Monat (CHF 6’000 / 60 Monate) | – CHF 100.00 |
Nettoprämie nach Abzug der Abschluss- und Vertriebskosten | CHF 220.00 |
Nach fünf Jahren haben Sie so 10’800 Franken weniger auf dem Konto, wie bei einem Produkt, das keine Abschlusskosten hat.
ohne Abschlusskosten | mit Abschlusskosten | Verlust | |
nach 5 Jahren | CHF 24’000 | CHF 13’200 | CHF 10’800 |
Doch das sind nicht alle Kosten, die auf potentielle Kundinnen und Kunden von fondsgebundenen Lebensversicherungen zukommen werden. Es gibt noch andere Kostenkomponenten, die Sie kennen sollten. Mehr dazu in den nächsten Kapiteln.
Kosten für die Risikodeckung einer gemischten Lebensversicherung
(in unserem Fall: CHF 22’110)
Wie bereits eingangs erwähnt, kombinieren gemischte Lebensversicherungen den Vermögensaufbau mit einer finanziellen Absicherung im Todes- oder Invaliditätsfall. Versicherungen streichen diesen Fakt als Vorteil gegenüber einem Sparkonto oder einem ETF-Sparplan heraus. Im Gegensatz zu einem Fondssparplan einer Bank könne man zusätzlich von einer Risikodeckung profitieren.
Unkritische Personen glauben dann, dass die Versicherungsdeckung für Erwerbsunfähigkeit oder Tod gratis hinzukommt und dass deshalb die kombinierte Versicherung besonders attraktiv ist. Dem ist aber nicht so. Natürlich zahlen Sie auch etwas für die Versicherungsdeckung. In unserem Beispiel wissen wir sogar wie viel:
- CHF 29.95 pro Monat für eine Rente bei Erwerbsunfähigkeit
- CHF 27.95 pro Monat für das vereinbarte Todesfallkapital
- CHF 15.80 pro Monat für die Prämienbefreiung
Prämienbefreiung bedeutet: Die Versicherung zahlt an Ihrer Stelle die Prämien bis zum Vertragsablauf, falls Sie wegen Krankheit oder Unfall erwerbsunfähig werden (Invaliditätsfall).
Total gehen also von Ihrer Prämie von 400 Franken nochmals 73.70 Franken pro Monat weg für die Risikoversicherung. Über die gesamte Laufzeit sind das 22’110 Franken, die Sie bezahlen würden für folgende Versicherungsdeckung:
- Todesfallkapital: CHF 150’000
- Rente bei Invalidität infolge Krankheit oder Unfall: CHF 12’000 bei einer Wartefrist von 24 Monaten
Grundsätzlich ist nichts gegen eine Versicherungsdeckung einzuwenden. Überlegen Sie sich aber gut, ob Sie die Versicherungsdeckung wirklich brauchen. Denn der Versicherungsvertreter hat den Anreiz, Ihnen möglichst viele Leistungen zu verkaufen. So kann er oder sie das Prämienvolumen und auch seine Abschlussprovision erhöhen.
Wir sehen oft, dass gemischte Lebensversicherungen mit Todelfallkapital auch an junge Personen ohne familiäre finanzielle Verpflichtungen verkauft werden. Das macht keinen Sinn. Sollte man später einen Bedarf haben, weil man eine Familie gründet, kann man auch dann noch eine reine Risikolebensversicherung abschliessen.
Kosten für Fondsverwaltung und der eingesetzten Fonds
(in unserem Fall: ca. CHF 21’700)
Schliesslich kommen wir zu einem weiteren wenig beachteten Feld, wo bei fondsgebundenen Lebensversicherungen horrende Kosten anfallen können: Bei der Fondsverwaltung.
Doch alles der Reihe nach. Zuerst, was ist überhaupt ein Fonds? Ein Fonds ist ein Gefäss, in welches man einzahlen kann, um gleichzeitig in mehrere Wertpapiere zu investieren. Der Fonds als Gefäss nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Er nimmt Gelder von verschiedenen Investoren entgegen, sammelt diese Gelder und investiert sie in Aktien, Obligationen oder andere Wertschriften. Jeder Fonds hat eine andere Anlagestrategie, investiert also in unterschiedliche Titel. Oft können Fonds anhand des Aktienanteils unterschieden werden. Banken teilen die Fonds oft in folgende Kategorien ein:
- Einkommen: Praktisch nur festverzinsliche Wertpapiere wie Obligationen, kaum Aktien.
- Ausgewogen: Bedeutet, dass der Obligationenanteil und der Aktienanteil sich gegenseitig mehr oder weniger die Waage halten.
- Wachstum: Bedeutet, dass mehr in Aktien investiert wird als in Obligationen. Neben Erträgen aus Zinsen und Dividenden ist das Ziel auch, Kursgewinne zu erzielen, was vorwiegend mit Aktien möglich ist.
- Kapitalgewinn: Eine Strategie, die in der Regel ausschliesslich auf Aktien setzt und wo Obligationen kaum eine Bedeutung haben.
Fondsverwalter werden für ihre Arbeit entschädigt. Wie hoch die Entschädigung ist, hängt stark von der Strategie des Fonds ab. In der Regel sind aktiv verwaltete Fonds deutlich teurer als passiv verwaltete Fonds.
Weiter muss man unterscheiden zwischen Fonds von Schweizer Banken und ETFs. Bei ETFs handelt es sich um Fonds, die an der Börse gehandelt werden. Sie sind oft deutlich günstiger als Fonds von Schweizer Banken. ETF werden international vertrieben und verwalten so oft viel höhere Volumen. Deshalb können Sie dieselbe Dienstleistung zu deutlich günstigeren Preisen anbieten.
In unserem Fall wurde die Lebensversicherung mit einem Fonds einer Schweizer Kantonalbank kombiniert. Für die Verwaltung des Fonds verlangt die Versicherung eine Geführ von 0.5 % pro Jahr. Wie hoch die Verwaltungsgebühr des Fonds ist, wurde von der Versicherung nicht offen gelegt. Unsere Recherchen zeigen, dass sie 1.7 % beträgt.
Insgesamt kommen so nochmals Kosten von 2.2 % pro Jahr dazu. Wir haben die Kosten berechnet: Über die gesamte Laufzeit der Versicherung hinweg sind das rund 21’700 Franken an versteckten Kosten.
In unserem Fall rechnet die Versicherung mit einer Rendite von 4 %, 7 % oder 9 % über die gesamte Laufzeit hinweg. Der Fonds muss demnach eine jährliche Rendite von 6 %, 9 % oder 11 % erwirtschaften, um die erwähnte Rendite nach Abzug der Kosten zu erzielen. Renditen in dieser Höhe sind sehr sehr ambitioniert. Eine Enttäuschung ist vorprogrammiert.
Fondsgebundene Versicherungen kündigen: Kosten für den vorzeitigen Rückkauf
Personen, die eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen haben, bereuen das später oft. Wir führen das darauf zurück, dass sie nicht transparent über die Kosten aufgeklärt wurden. Diese Personen möchten die fondsgebundene Lebensversicherung meist möglichst rasch kündigen. Leider verlieren sie so fast immer Geld.
Um den Rückkaufswert der fondsgebundenen Lebensversicherung zu berechnen, ist ein Blick auf die Kosten für die Kündigung nötig. In unserem Beispiel führt die Versicherung folgende Kosten auf:
- Gebühr für die Kündigung (Höhe nicht weiter erwähnt)
- Stornoabschlag
- Einbehalt des Treuefonds
Auf den Stornoabschlag und den Treuefonds gehen wir in den nächsten beiden Kapitel genauer ein.
Stornoabschlag bei gemischten Lebensversicherungen
Der Vertrieb von Lebensversicherungen ist sehr personalintensiv. Entsprechend hoch sind die Abschlusskosten.
In unserem Fall werden Ihnen die Abschlusskosten anteilmässig über die ersten fünf Jahre belastet. Sollten Sie nun vor Ablauf der fünfjährigen Frist die Versicherung kündigen, sind die Abschlusskosten noch nicht vollständig finanziert. Deshalb wird Ihr Guthaben in den ersten Jahren um den Stornoabschlag gekürzt.
Fragen Sie vor Abschluss der Versicherung, wie hoch der Stornoabschlag ist. Uns liegen folgende Daten einer in der Schweiz vertriebenen Lebensversicherung vor:
Kündigung | Stornoabschlag in % der bezahlten laufenden Prämien |
im 1. Versicherungsjahr | – 95 % |
im 2. Versicherungsjahr | – 75 % |
im 3. Versicherungsjahr | – 45 % |
im 4. Versicherungsjahr | – 30 % |
im 5. Versicherungsjahr | – 10 % |
ab dem 6. Versicherungsjahr | kein Abschlag mehr |
Einbehalt des Treuefonds
Sollten Sie die Versicherung vor Ablauf der Laufzeit kündigen, könnten sie auch noch den Treuefonds verlieren. Auf dem Fondskonto wird nämlich nicht Ihr gesamtes Guthaben geführt. Ein Teil fliesst in einen Treuefonds. Bei unserer Versicherung beträgt der Treuefonds nach 10 Jahren rund 2’000 bis 3’000 Franken (je nach Rendite, die man erzielt hat). Diese 2’000 bis 3’000 Franken müssen Sie sich ebenfalls ans Bein streichen, wenn Sie den Wert der Versicherung vor Ablauf der ersten zehn Versicherungsjahre zurückkaufen.
Vor- und Nachteile von fondsgebundenen Lebensversicherungen
Bisher haben wir primär über die horrenden Kosten von fondsgebundenen Lebensversicherungen gesprochen. Ohne diese horrenden Kosten gäbe es durchaus Argumente, die für solche Lebensversicherungen sprechen.
Vorteile von fondsgebundenen Lebensversicherungen:
- Oft ist es so, dass man bei einer Versicherung die vereinbarten Prämien regelmässig bezahlen muss. Das ist vorteilhaft für Personen, die nicht mit Geld umgehen können. Sie werden sozusagen zum Sparen gezwungen.
Es gibt auch Versicherungen, wo man die Prämie für eine bestimmte Zeit sistieren kann. Zum Beispiel bei 3a-Versicherungen, wenn man temporär nicht erwerbstätigt ist. Dann machen Einzahlungen in die Säule 3a möglicherweise überhaupt keinen Sinn, weil man durch das fehlende Einkommen gar keine Steuern sparen kann.
- Auch die Absicherungen für Risiken wie Arbeitsunfähigkeit oder Todesfall können vorteilhaft sein. Dies aber nur dann, wenn man die Risikodeckung auch wirklich braucht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn man familiäre Verpflichtungen hat, wenn also andere auf einen angewiesen sind.
Ebenfalls interessant ist die Prämienbefreiung. Mit der Prämienbefreiung wird das Sparziel in jedem Fall erreicht, auch wenn man arbeitsunfähig werden sollte. Denn dann würde die Versicherung die Prämien weiter bezahlen.
Eine kombinierte Versicherung der Säule 3a ist für Personen interessant, die nicht genug Geld haben, um sowohl in die Säule 3a einzuzahlen als auch Prämien für eine reine Risikoversicherung zu finanzieren. Sie können die 3a-Einzahlungen mit einer gemischten Versicherung vornehmen und im Gegensatz zur 3b-Versicherungen den vollen Betrag von den Steuern abziehen.
- Für den langfristigen Vermögenaufbau ist es interessant, auf Fondsanlagen zu setzen. Man profitiert von höheren Renditechancen als auf dem Sparkonto.
Nachteile von Lebensversicherungen, die fondsgebunden sind:
- Gemischte Lebensversicherungen sind oft sehr intransparent und kompliziert. Selbst für Ökonomen ist es nicht einfach, bei diesen Produkten den Durchblick zu behalten, wie auch eine Reportage des Schweizer Fernsehens zeigt.
- Die horrende Kosten für den Vertrieb, den Abschluss und die Fonds sowie deren Verwaltung machen fondsgebundene Lebensversicherungen unattraktiv.
- Überrissene Renditeannahmen täuschen oft eine zu positive Wertentwicklung vor.
- Die Versicherungsdeckungen für Invalidität, Tod und Prämienbefreiung sind allesamt nicht gratis.
Ist eine fondsgebundene Lebensversicherung sinnvoll?
Fondsgebundene Lebensversicherungen sehen auf den ersten Blick attraktiv aus. Das liegt primär an zwei Gründen:
- Erstens, weil man zusätzlich zum Sparanteil von einer Risikodeckung profitiert. Wer aber weiss, dass die Absicherung für Tod und Invalidität nicht gratis zu haben ist, weil man dafür extra eine Prämie zahlt, findet das Angebot möglicherweise bereits nicht mehr so sinnvoll. Das gilt übrigens auch für die Prämienbefreiung, dass also die Versicherung die Beiträge weiter bezahlt, wenn man arbeitsunfähig wird. Auch die Prämienbefreiung ist nicht gratis zu haben.
- Zweitens ist es so, dass Versicherungen für ihre Produkte oft sehr hohe Renditen annehmen. Durch hohe Renditen fallen die horrenden Kosten von fondsgebundenen Lebensversicherungen weniger ins Gewicht. Die Tabellen und Grafiken, die die Wertentwicklung von gemischten Versicherungen zeigen, sehen ganz ordentlich aus. Das Problem liegt aber darin, dass die hohen Renditeerwartungen in 90 % der Fälle zu optimistisch sind und nicht eingehalten werden. Es ist deshalb gut möglich, dass man als Kunde oder Kundin einer solchen Versicherung auf den hohen Kosten sitzen bleibt.
Deshalb nein, fondsgebundene Lebensversicherungen sind nicht sinnvoll. Unser dringlicher Rat: Trennen Sie Sparen und Versichern. Wer seine Familie absichern und Geld anlegen möchte, fährt besser mit ETFs und einer separaten Risikolebensversicherung.