Gestern wurde wir durch eine Werbung auf Swiss Serenity aufmerksam. Swiss Serenity bewirbt eine kostenlose Suche nach verlorenen Pensionskassengeldern. Eine redliche Absicht, könnte man meinen. Doch Swiss Serenity suggeriert falsche Tatsachen. In diesem Beitrag möchten wir auf diese näher eingehen.

Suggerieren bedeutet gemäss Duden:

  • jemandem etwas [ohne dass ihm dies bewusst wird] einreden oder auf andere Weise eingeben [um dadurch seine Meinung, sein Verhalten o. Ä. zu beeinflussen]; oder
  • darauf abzielen, einen bestimmten [den Tatsachen nicht entsprechenden] Eindruck entstehen zu lassen.

Inhalt

Suche kostenlos, Umplatzierung teuer

Swiss Serenity sagt, dass ihre Suche kostenlos ist. Das ist korrekt. Rein die Suche kostet nichts. Es kostet aber auch nichts, wenn man das offizielle Online-Formular der Zentralstelle 2. Säule verwendet, um nach PK-Geldern zu suchen.

Interessant ist nun die Frage, wie Swiss Serenity Geld verdient, wo sie doch ihre Kern-Dienstleistung kostenlos anbietet. Die Werbung, die sie schaltet, kostet viel Geld. Auch die Entwicklung der Plattform, die eigentlich unnütz ist, weil es ja schon eine Gratissuche der Zentralstelle 2. Säule gibt, hat Geld gekostet. Dabei muss man wissen, dass Swiss Serenity Service AG keine gemeinnützige Organisation ist. Es handelt sich um eine Aktiengesellschaft. Wie also verdient Swiss Serenity Geld? Die Antwort ist einfach: Durch Vermittlung. Sie vermittelt die über das Register der Zentralstelle 2. Säule gefundene PK-Gelder an Freizügigkeitseinrichtungen und erhält dafür eine hohe Provision von 3 %, wie Sie dem nächsten Kapitel entnehmen können.

Zuerst dachten wir, dass Swiss Serenity es nur auf die Freizügigkeitsgelder abgesehen hat, die bei der BVG-Auffangeinrichtung rumliegen. Per Ende 2023 handelt es sich dabei um eine stattliche Summe von über 18 Milliarden Schweizer Franken, aufgeteilt auf ca. 1.5 Millionen Konten. Könnte Swiss Serenity nur schon 0.1 % dieser PK-Gelder einem Partner vermitteln, könnte sie bereits Provisionseinnahmen von 540’000 Franken generieren.

Doch – wie wir später festgestellt haben – will Swiss Serenity mehr. Mit dem Abschluss des Vertrags erteilen Sie Swiss Serenity die Vollmacht, sämtliche Freizügigkeitskonten, die auf Ihren Namen lauten, zu künden und zum Partner von Swiss Serenity zu transferieren, unabhängig davon, ob diese bei der BVG-Auffangeinrichtung liegen oder bei einer anderen Freizügigkeitsstiftung.

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Swiss Serenity suggeriert: Suche abschliessen
Bedeutet in Wirklichkeit: Vertrag abschliessen / Vollmacht erteilen

Entscheidend für den finanziellen Erfolg von Swiss Serenity ist, dass ein möglichst hoher Anteil der gefundenen PK-Gelder bei Partnern platziert werden kann. Das merkt man an der Art und Weise, wie Swiss Serenity vorgeht.

Nachdem man die erforderlichen Angaben zur Suche nach PK-Geldern durch Swiss Serenity abgeschlossen hat, wird man im Login-Bereich, per E-Mail und mit Push-Nachrichten auf dem Smartphone aufgefordert, «die automatische Rückgewinnung aller wiedergefundenen Guthaben zu bestätigen». Dabei wird der Anschein erweckt, dass man durch die Bestätigung die Suche beschleunigen kann: «Um nicht lange warten zu müssen, können Sie jetzt die Suche abschliessen.»

Wenn man auf die Links klickt, um die Suche zu beschleunigen oder die automatische Rückgewinnung zu bestätigen, geht es aber um etwas ganz anders. Wer genauer hinschaut, merkt, dass es um zwei Sachen geht:

  1. um die Eröffnung eines Freizügigkeitsdepots bei der Freizügigkeitsstiftung der Zugerberg Finanz; und
  2. um die Erteilung einer Vollmacht, sämtliche Freizügigkeitsguthaben, die gefunden werden, zur Zugerberg Finanz zu transferieren.

Das ist etwas anders, als man erwarten würde.

1. Eröffnung Freizügigkeitsdepot bei der Zugerberg Freizügigkeitsstiftung

Wer auf der Seite, wo man den Vertrag abschliessen kann, nicht auf die verlinkte Beitrittsvereinbarung klickt, wird nie ein vollständiges Bild davon haben, was das Produkt der Zugerberg Finanz (in unserem Fall das Zugerberg Finanz FZR2) genau kostet. Deshalb holen wir das hier nach:

  • Total einmalige Kosten: 3 %
    Dabei handelt es sich um die Vermittlerentschädigung an Swiss Serenity.
  • Total jährliche Kosten: 1.66 %
    Diese setzt sich zusammen aus 1.25 % Administrationsgebühr, 0.2 % Portal Fee und 0.21 % Depotgebühr der Bank.
Auszug aus dem Vertrag mit der Zugerberg Freizügigkeitsstiftung

Eine jährliche Gebühr von Total 1.66 % ist sehr viel, wenn man mit führenden Angeboten von Freizügigkeitskonten und -depots wie VIAC, Frankly oder finpension vergleicht.

Mit anderen Freizügigkeitsstiftungen arbeitete Swiss Serenity nicht zusammen, als wir diesen Beitrag erstellt haben, wie wir auf Anfrage in Erfahrung bringen konnten.

2. Vollmacht, sämtliche Freizügigkeitsguthaben an die Zugerberg Freizügigkeitsstiftung zu transferieren

Mit Abschluss des Vertrags erteilen Sie der Swiss Serenity Service AG zudem eine umfassende Vollmacht. Zu dieser Vollmacht gehört:

  • «Die Kündigung und die Überweisung jeglicher Guthaben von jeglichem Konto / Depot der Freizügigkeitsersparnis.»

«Die Vollmacht ist in allen Freizügigkeitsstiftungen gültig, welche meine jetzigen und vorherigen Guthaben verwalten», wie weiter steht.

Will heissen: Sollte Swiss Serenity über die Abfrage bei der Zentralstelle 2. Säule Freizügigkeitsguthaben finden, die Sie gar nicht vermissen, kann Swiss Serenity auch diese Konto saldieren und zur Zugerberg Finanz transferieren. Auch das hätten wir so nicht erwartet.

Auszug aus der Vollmacht an Swiss Serenity

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Swiss Serenity suggeriert: Suche bei 1’500 Vorsorgeeinrichtungen
Bedeutet in Wirklichkeit: Suche bei der Zentralstelle 2. Säule

Swiss Serenity suggeriert viel Aufwand. Swiss Serenity sagt, bei über 1’500 Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz Nachforschungen zu betreiben, um Pensionskassengelder ausfindig zu machen. In Tat und Wahrheit macht Sie aber nur eine Abfrage bei der Zentralstelle 2. Säule.

Zum Auffinden von vergessener Pensionskassengelder, die irgendwo auf einem Freizügigkeitskonto schlummern – egal ob bei einer Freizügigkeitsstiftung oder der BVG-Auffangeinrichtung – hat der Bund schon lange vor Swiss Serenity eine Anlaufstelle eingerichtet.

Alle Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz müssen dieser Anlaufstelle, die offiziell Zentralstelle 2. Säule genannt wird, jährlich alle Personen melden, für die per Ende Jahr ein BVG- oder Freizügigkeits-Guthaben geführt wurde (vgl. Art. 24a Freizügigkeitsgesetz).

Es ist also gar nicht erforderlich, bei über 1’500 Vorsorgeeinrichtungen nachzuforschen. Eine Abfrage bei der Zentralstelle 2. Säule reicht. Und das Beste: Auch Sie können eine solche Abfrage ganz einfach machen, indem Sie das Online-Formular «Suche nach Guthaben aus der beruflichen Vorsorge» ausfüllen und abschicken.

Bei Kala (Kala Swiss SA), Geschäftspartnerin von Swiss Serenity, wird suggeriert, dass die Suche nach Pensionskassengelder bei der Zentralstelle nur mit einem gedruckten Formular möglich ist, das per Post eingereicht werden muss. Das ist falsch. Es gibt auch ein Online-Formular.

Übrigens: Für die Führung und die Verwaltung des Registers der Zentralstelle 2. Säule ist der Sicherheitsfonds BVG verantwortlich (vgl. Art. 19a Freizügigkeitsverordnung). Das ist der Grund, warum die Suche auf der Webseite des Sicherheitsfonds BVG zu finden ist.

Worin liegt der Unterschied zwischen der Zentralstelle 2. Säule und der BVG-Auffangeinrichtung?

Die Zentralstelle 2. Säule ist zu unterscheiden von der BVG-Auffangeinrichtung. Die BVG-Auffangeinrichtung hat einen anderen Zweck. Doch dazu müssen wir etwas ausholen:

Wer den Job wechselt, der muss der bisherigen Pensionskasse den neuen Arbeitgeber mitteilen. Die bisherige Pensionskasse überweist dann das Guthaben an die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers, damit die Vorsorge lückenlos weitergeführt werden kann.

Wer aber keine neue Arbeitsstelle hat, der muss selbst ein Konto eröffnen, wo die Pensionskassengelder zwischenparkiert werden können. Ein solches Konto wird Freizügigkeitskonto genannt. Die Kontonummer des Freizügigkeitskontos muss der Pensionskasse mitgeteilt werden, damit die Auszahlung der Guthaben erfolgen kann. Doch was passiert, wenn diese Mitteilung ausbleibt?

Genau für diesen Zweck wurde die BVG-Auffangeinrichtung gegründet. Sie fängt wortwörtlich die Guthaben auf, die von den Versicherten in ihren bisherigen Pensionskassen zurückgelassen wurden. Die Pensionskasse muss nämlich gemäss Artikel 4 des Freizügigkeitsgesetztes diese Guthaben spätestens zwei Jahre nach dem Austritt aus der Pensionskasse an die Auffangeinrichtung überweisen.

Wichtig: Die Suchfunktion der Zentralstelle 2. Säule beschränkt sich nicht nur auf Freizügigkeitsguthaben bei der BVG-Auffangeinrichtung, sondern schliesst sämtliche Freizügigkeitsstiftungen von Banken und Versicherungen mit ein.

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Swiss Serenity suggeriert: Kooperation mit dem Bund
Bedeutet in Wirklichkeit: Suche bei der Zentralstelle BVG

Im Werbe-Video von Swiss Serenity wird suggeriert, dass eine Kooperation besteht mit dem Bund. «Wir arbeiten indirekt mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft zusammen, um sie [Die verlorenen Pensionskassen-Gelder] wiederzufinden.»

Damit suggeriert Swiss Serenity eine Kooperation mit dem Bund. Dem ist nicht so, wie wir auf Anfrage beim Bund in Erfahrung bringen konnten. Der Bund ist keine Kooperation mit Swiss Serenity eingegangen:

«Weder die Stiftung Auffangeinrichtung BVG noch der Sicherheitsfonds BVG arbeiten mit Swiss Serenity zusammen», heisst es da.

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