Mit einem freiwilligen Einkauf in die Pensionskasse* können Sie eine Vorsorgelücke schliessen. Gleichzeitig können Sie Steuern sparen.
Wann Sie einen freiwilligen Einkauf tätigen können, wie sich der maximal mögliche Pensionskasseneinkauf berechnet und was Sie sonst noch beachten müssen, zeigen wir in diesem Beitrag.
*Zur Vereinfachung verwenden wir in diesem Beitrag in der Regel den Begriff «Pensionskasse», obwohl natürlich auch andere Einrichtungen der beruflichen Vorsorge gemeint sind wie zum Beispiel 1e-Sammelstiftungen.
Wann Sie über Einkaufspotenzial verfügen
Um Einkäufe tätigen zu können, müssen Sie über eine Einkaufslücke verfügen. Solche Lücken treten in der 2. Säule typischerweise in den folgenden Situationen auf:
- Sie verdienen mehr. Dann bezahlen Sie auch mehr Beiträge in die zweite Säule. Hätten Sie die höheren Beiträge schon immer bezahlt, dann hätten Sie ein höheres Altersguthaben angespart. Sie verfügen über Einkaufspotenzial und können die Differenz mittels Einkäufen nachzahlen.
- Sie haben vorübergehend nicht gearbeitet. Die Gründe können unterschiedlich sein: Familiengründung, Studium, später Eintritt ins Arbeitsleben, Arbeitslosigkeit oder eine Weltreise. Dann haben Sie weniger gespart, als Sie hätten ansparen können. Ihnen fehlen Beitragsmonate und/oder -jahre.
- Sie wechseln den Arbeitgeber. Die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers versichert einen höheren Lohn, sieht höhere Sparbeiträge (Beitrag in % des Lohns) vor oder bei der neuen Pensionskasse beginnt der Sparprozess bereits früher zum Beispiel bereits mit 18 statt wie üblich erst mit 25 Jahren.
- Sie haben sich scheiden lassen: Dann kann es sein, dass Sie über eine Scheidungslücke verfügen. Bei der Scheidung wird das während der Ehe oder der eingetragenen Partnerschaft angesparte Guthaben zusammengerechnet und je hälftig geteilt. Haben Sie während der Partnerschaft mehr Pensionskassenguthaben angespart als Ihr Partner / Ihre Partnerin, müssen Sie Ihren Partner auszahlen. In Ihrer Vorsorge entsteht eine Scheidungslücke. Eine Scheidungslücke darf immer voll gefüllt werden, auch dann, wenn die maximale Einkaufssumme überschritten wird.
Spezialfall Vorzeitige Pensionierung
Sie möchten sich früher pensionieren lassen? Dann haben Sie weniger lange Zeit zu sparen. Ihre Altersleistung wird dementsprechend tiefer ausfallen. Dies können Sie verhindern, indem Sie die fehlenden Beitragsjahre vorfinanzieren. Ob Sie in Ihrem Fall von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können, hängt jedoch von Ihrer Pensionskasse ab. Schauen Sie im Reglement der Pensionskasse nach. Dort müsste die Frühpensionierung geregelt sein.
Wird nachträglich auf die Frühpensionierung verzichtet, dürfen die reglementarischen Leistungen das Leistungsziel um maximal fünf Prozent überschreiten. Nehmen wir an, Sie hatten ein projiziertes Altersguthaben von 500’000 Franken bei ordentlicher Pensionierung. Durch die geplante Frühpensionierung mit 62 Jahren tat sich eine Lücke von 50’000 Franken auf. Diesen Betrag haben Sie nun eingekauft. Mit 62 Jahren werden Sie demnach die maximalen reglementarischen Leistungen von 500’000 Franken erreichen. Wenn Sie nun trotzdem bis zum ordentlichen Pensionsalter weiterarbeiten, dürfen die 500’000 Franken maximal um 5 Prozent bzw. 25’000 Franken überschritten werden.
Wichtig fürs Verständnis: Die tatsächlichen Beträge können im Einzelfall von dieser Regel abweichen. Der Vorsorgeplan muss jedoch so ausgestaltet sein, dass das Leistungsziel maximal um 5 Prozent überschritten wird. Die Reglemente der Vorsorgeeinrichtungen kennen verschiedene Vorkehrungen, damit die 5-Prozent-Regel eingehalten wird: Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge werden sistiert, die Verzinsung wird eingestellt und der Umwandlungssatz eingefroren. Reichen diese Massnahmen nicht aus, erfolgt eine Zuweisung an die freien Stiftungsmittel. Ein Einkauf in eine frühzeitige Pensionierung will somit wohl überlegt sein, da er im Falle eines späteren Verzichts zu Nachteilen führen kann.
Bei 1e-Plänen ist die Sache etwas einfacher: Die maximale Einkaufssumme wird anhand der Beiträge berechnet. Diese dürfen nicht mehr als 25 Prozent des versicherten Lohns pro mögliches Beitragsjahr betragen. Wird nachträglich auf eine vorzeitige Pensionierung verzichtet, werden die Beitragszahlungen einfach sistiert. Ein Nachteil: Sie profitieren nicht mehr von den Arbeitgeberbeiträgen. Sie haben diese mit dem Einkauf in die vorzeitige Pensionierung quasi selbst bezahlt.
Bedingung: Keine offenen WEF-Vorbezüge
Bevor Sie einen freiwilligen Einkauf tätigen können, müssen Sie allfällige Bezüge im Rahmen der Wohneigentumsförderung (WEF) zurückbezahlt haben und zwar unabhängig davon, in welcher Vorsorgeeinrichtung Sie den Vorbezug getätigt haben. Eine WEF-Rückzahlung ist bis drei Jahre vor der Pensionierung möglich, danach ist sie nicht mehr erlaubt (Ausnahme: Schliessung einer Scheidungslücke).
Die beim WEF-Bezug entrichtete Steuer können Sie nach der Rückzahlung zurückverlangen. Für die Rückerstattung müssen Sie ein schriftliches Gesuch an die Steuerbehörde richten, die die Steuer erhoben hatte.
Wichtig: Die Steuerbehörden werden nicht von sich aus aktiv. Das Recht auf Rückerstattung erlischt nach drei Jahren seit der Wiedereinzahlung des WEF-Vorbezugs.
Berechnung des Einkaufspotenzials
Wie im vorhergehenden Kapitel dargestellt, gibt es unterschiedliche Umstände, die zu einer Einkaufslücke führen können. Und obwohl es unterschiedliche Gründe gibt, die Vorsorgelücke selbst wird immer identisch berechnet. Ihr aktuelles Vorsorgeguthaben wird mit dem Guthaben verglichen, das Sie im besten Fall hätten ansparen können:
Einkaufspotenzial / Einkaufskapazität
Das aktuelle Vorsorgeguthaben finden Sie im Vorsorgeausweis Ihrer Pensionskasse. Die Höhe der maximalen reglementarischen Leistungen errechnet sich wie folgt (stark vereinfachte Formel zur Illustration):
Für die Aufzinsung wird ein Zinssatz von 1.5 bis 2 Prozent steuerlich akzeptiert (Goldene Regel). Bei 1e-Plänen findet keine Aufzinsung statt, wie die Oberaufsichtskommission am 8. April 2020 klarstellte.
Die Differenz zwischen dem maximal möglichen Vorsorgeguthaben aufgrund der Berechnungsformel und dem aktuellen Vorsorgeguthaben entspricht dem Einkaufspotenzial. Oft können Sie die maximale Höhe eines freiwilligen Einkaufs Ihrem Vorsorgeausweis entnehmen.
- Maximale reglementarische Leistungen
- – Aktuelles Vorsorgeguthaben
- = Einkaufspotenzial
Reduktionen
Die 2. Säule hat mit Unterstützung der 1. Säule das Ziel, dass Sie Ihren gewohnten Lebensstandard im Rentenalter aufrechterhalten können. Die folgenden Abzüge sollen vermeiden, dass Sie das Leistungsziel mit einem freiwilligen Einkauf überschreiten:
- Freizügigkeitsguthaben bei Banken oder Versicherungen zählen ebenfalls zur zweiten Säule. Deshalb müssen Guthaben auf Freizügigkeitskonti, Freizügigkeitsguthaben die in Wertschriften investiert sind oder der Rückkaufswert von Freizügigkeitspolicen dem Einkaufspotenzial in Abzug gebracht werden.
- Haben Sie als Selbstständigerwerbender anstelle der 2. Säule mit der grossen 3. Säule vorgesorgt? Dann müssen Sie prüfen, ob Ihre 3. Säule höher ist, als das grösstmögliche 3a-Guthaben erlaubt. Wie hoch die kleinen Säule 3a maximal sein darf, hängt von Ihrem Jahrgang ab und wird jährlich vom Bund in der Tabelle zur Berechnung des grösstmöglichen 3a-Guthabens (Stand 2020) herausgegeben.
Sonderfall Zuzug aus dem Ausland
Wenn Sie aus dem Ausland zugezogen sind und zuvor noch nie einer schweizerischen Vorsorgeeinrichtung angehört haben, dürfen Sie während der ersten fünf Jahren jeweils maximal 20 Prozent des versicherten Lohns einkaufen. Es sei denn, Sie würden im Ausland erworbene Vorsorgeguthaben von einem ausländischen System der beruflichen Vorsorge in eine schweizerische Pensionskasse übertragen. Der Übertrag ist jedoch nicht steuerlich absetzbar.
Sperrfrist von 3 Jahren für Vor- und Kapitalbezüge
Verhinderung der Steuerumgehung
Der Gesetzgeber ermöglicht den Einkauf in die 2. Säule, damit eine Vorsorgelücke geschlossen werden kann. Er fördert die Schliessung einer solchen Lücke, indem man die Einkaufssumme vom steuerbaren Einkommen abziehen kann.
Diese Steuerersparnis ist höher als die Steuer, die man bezahlt, wenn man das Kapital wieder bezieht (Kapitalbezugssteuer). Damit allerdings die 2. Säule nicht für steuerliche Arbitragegeschäfte missbraucht wird, hat der Gesetzgeber eine Vorkehrung getroffen:
- Wenn Sie einen freiwilligen Einkauf tätigen, wird eine Sperrfrist für Kapitalbezüge aktiviert. Während dieser Frist dürfen Sie keine Vorsorgeguthaben in Kapitalform beziehen. Die Sperrfrist umfasst drei Jahre. Sie beginnt am Tag des Einkaufs zu laufen und endet auf den Tag genau drei Jahre später. Angenommen Sie kaufen sich am 15. September 2019 freiwillig ein, dann läuft die Sperrfrist am 15. September 2022 ab. So sind zwei volle Steuerperioden von der Einschränkung betroffen.
Sowohl die Vorbezüge (WEF, Selbstständigkeit, Auswanderung) als auch der Kapitalbezug bei Pensionierung sind von der Sperrfrist betroffen. Einzig, wenn Sie bei Pensionierung eine Rente beziehen, statt das Kapital, gilt die Sperrfrist nicht. Als Alternative zu einem WEF-Vorbezug bietet sich generell und im Speziellen während der Sperrfrist die Verpfändung des Vorsorgeguthabens an. Eine Verpfändung ist auch während der Sperrfrist uneingeschränkt möglich.
Welches Vorsorgeguthaben ist von der Sperrfrist betroffen?
Mit Urteil vom 12. März 2010 hat das Bundesgericht definiert, welche Vorsorgeguthaben von der Sperrfrist betroffen sind. Diese Klärung tat Not, weil man beim Lesen des Gesetzestextes (Art. 79b Abs. 3 BVG) meinen könnte, dass nur der eingekaufte Betrag von der Sperre betroffen wäre. Dem ist jedoch nicht so: Das gesamte Vorsorgekapital der 2. Säule ist für drei Jahre gesperrt, unabhängig davon, bei welcher Vorsorgeeinrichtung es liegt.
Was passiert, wenn die Sperrfrist verletzt wird?
Wenn Sie die Sperrfrist nicht beachten und währenddessen einen Kapitalbezug tätigen, wird ein Nachsteuerverfahren eingeleitet. Der damalige Steuerabzug des freiwilligen Einkaufs wird Ihnen nachträglich aufgerechnet.
Auch der Kanton Bern ist 2021 aufgrund eines Bundesgerichtsentscheids auf diese Praxis umgestiegen. Zuvor wurde im Kanton Bern ein Kapitalbezug während der Sperrfrist zum Zeitpunkt des Kapitalbezugs besteuert, er Kapitalbezug wurde zum Einkommen im Jahr während des Kapitalbezugs hinzugerechnet.
Auf dem nachträglich abgelehnten Einkaufsbetrag wird keine Kapitalbezugssteuer berechnet.
Ausnahme Schliessung Scheidungslücke
Nach dem Wiedereinkauf zur Schliessung einer Scheidungslücke gibt es keine Sperrfrist. Kapitalbezüge innerhalb der drei darauffolgenden Jahren sind grundsätzlich möglich.
Die Prüfung einer Steuerumgehung bleibt jedoch gemäss Urteil des Bundesgerichts vom 18. Juli 2016 vorbehalten.
Eine solche Steuerumgehung wurde in folgendem Fall festgestellt: 14 Jahre nach der Scheidung hat ein Versicherter einen Einkauf zur Deckung einer Scheidungslücke getätigt. Finanziert hat er den Einkauf durch Aufnahme eines Darlehens bei seiner Mutter. Zwei Jahre später hat er das Kapital wieder bezogen und mutmasslich das Darlehen wieder zurückbezahlt. In diesem konkreten Fall wurde der Wiedereinkauf zur Schliessung der Scheidungslücke nicht akzeptiert. Es ist offensichtlich, dass der Versicherte mit dem Einkauf und späteren Wiederbezug einzig einen Steuerhandel machen wollte.
Hinweis
- Befindet sich Ihr steuerrechtlicher Wohnsitz nicht in der Schweiz oder erfolgt keine ordentliche Besteuerung, sind Abzugsfähigkeit und Auswirkungen von Einkäufen genau zu prüfen.
- Einkäufe können nicht rückgängig gemacht werden. Einzig auf Anweisung der Steuerbehörden dürfen Einkäufe rückabgewickelt werden.
- Obwohl wir diesen Beitrag sorgfältig recherchiert haben, können wir keine Gewähr bieten für dessen Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität.
In einem weiteren Artikel gehen wir der Frage nach, wann ein freiwilliger Einkauf in die Pensionskasse sinnvoll ist.