Freizügigkeitsguthaben werden im Todesfall nicht wie gewöhnliches Vermögen vererbt. Die Vorsorgegelder sollen hauptsächlich jenen Personen zugutekommen, die finanziell auf die verstorbene Person angewiesen waren. Wie die Gelder verteilt werden und an wen, erläutern wir in diesem Beitrag.

Schutz der Hinterbliebenen vor den finanziellen Folgen eines Todesfalls

Freizügigkeitsguthaben fallen nicht in den Nachlass der verstorbenen Person. Der Grund für die spezielle Behandlung liegt in der Zweckbestimmung von Vorsorgegeldern.

Zwar sorgen Sie mit den drei Säulen des Schweizer Vorsorgesystems primär fürs Alter vor. Zusätzlich soll die Vorsorge aber auch einen Schutz vor den finanziellen Folgen von Tod und Invalidität bieten. Deshalb kommen Vorsorgegelder in erster Linie denen zugute, die finanziell von einem Todesfall betroffen sind. Dabei kann es sich um dieselben Personen handeln, die auch erbberechtigt sind. Es kann aber auch Begünstigte geben, die keine gesetzlichen Erben sind, wie zum Beispiel der geschiedene Ehegatte bzw. die geschiedene Ehegattin (vgl. Gruppe 1).

Da es verschiedene Personen geben kann, die von der verstorbenen Person zu Lebzeiten unterstützt worden sind, wurde in der Gesetzgebung eine Kaskade definiert, die zeigt, wer in welchem Fall begünstigt ist.

Reihenfolge der Begünstigten im Todesfall – Übersicht

Die Begünstigten im Freizügigkeitsbereich werden im Artikel 15 der Freizügigkeitsverordnung geregelt. Im Erlebensfall ist der:die Vorsorge-Nehmer:in begünstigt. Im Todesfall gibt es nur eine Gruppe von Begünstigten. Wenn es mehrere Begünstigte in einer Gruppe gibt, wird das Freizügigkeitsguthaben nach Köpfen verteilt. Wenn es beispielsweise drei Personen sind, erhält jede einen Drittel.

Die Kaskade zeigt, welche der vier Gruppen begünstigt wird. Gruppe 2 kommt also nur infrage, wenn in Gruppe 1 keine Begünstigten existieren, Gruppe 3 nur, wenn in Gruppe 1 und 2 keine Begünstigten existieren, etc.

Besonderheit: Auf Wunsch können Sie Personen aus Gruppe 2 direkt begünstigen, indem Sie sie zur Gruppe 1 hinzufügen. Dies gilt nur für die Gruppe 2.

Gruppe 1
  • Die hinterbliebene Person aus der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft
  • Der geschiedene Ehegatte bzw. die geschiedene Ehegattin
  • Die Kinder
Gruppe 2
  • Erheblich unterstützte Personen
  • Lebenspartner:in
  • Die Person, die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss
Gruppe 3
  • «Selbstständige» Kinder
  • Eltern
  • Geschwister
Gruppe 4
  • Die übrigen gesetzlichen Erben unter Ausschluss des Gemeinwesens
Begünstigtenordnung gemäss Art. 15 FZV

Änderung der Reihenfolge der Begünstigten möglich

Sehen wir uns an, welchen Spielraum die Gesetzgebung Ihnen als Vorsorge-Nehmer:in einräumt. Denn die vom Gesetz vorgegebene Aufteilung können Sie individuell anpassen. Folgende beiden Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung:

  1. Sie können sagen, wer innerhalb einer Gruppe wie viel bekommen soll (Nennung von Anteilen, z. B. 50 % der überlebende Ehepartner, je 25 % für die beiden Kinder).
  2. Sie können der Gruppe 1 auch Personen aus der Gruppe 2 hinzufügen.

Was nicht möglich ist, ist ein kompletter Ausschluss einer Person aus einer Gruppe. Ab wann eine Reduktion faktisch als Ausschluss gilt, ist allerdings gesetzlich nicht geregelt.

Reihenfolge der Begünstigten im Todesfall – im Detail

Gruppe 1:
Der überlebende Ehegatte, die überlebende eingetragene Partnerin oder der geschiedene Ehegatte oder die Kinder

Der überlebende Ehegatte oder die überlebende eingetragene Partnerin: War die Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes verheiratet, dann wird der Ehegatte, der noch lebt, als überlebender Ehegatte bezeichnet. Dasselbe gilt für Partner:innen einer eingetragenen Partnerschaft. Überlebende Ehegatt:innen oder überlebende eingetragene Partner:innen sind in der Gruppe 1 begünstigt.

Der geschiedene Ehegatte/Partner: Auch der geschiedene Ehegatte oder die Ex-Partnerin einer aufgelösten eingetragenen Partnerschaft ist in der ersten Gruppe begünstigt, sofern die folgenden beiden Bedingungen erfüllt sind:

  1. Die Ehe bzw. eingetragene Partnerschaft hat mindestens zehn Jahre gedauert und
  2. dem geschiedenen Ehegatten/Partner wurde bei der Scheidung bzw. Auflösung der Partnerschaft eine Rente nach Art. 124 Abs. 1 oder Art. 126 Abs. 1 zugesprochen.

Der Anspruch des geschiedenen Partners kann gekürzt werden, wenn dieser höher ist als der Anspruch, der ihm:ihr im Scheidungsurteil bzw. Auflösungsurteil zusammen mit den Hinterlassenen-Leistungen der AHV zugesprochen wurde.

Die Kinder: Kinder der Verstorbenen fallen dann in die erste Gruppe, wenn sie im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf eine Waisenrente hatten. Auch Pflegekinder sind begünstigt, wenn die Verstorbene für ihren Unterhalt aufkam. Anspruch auf eine Waisenrente im Todesfall eines Elternteils hat:

  • wer noch nicht volljährig ist, also noch nicht 18 Jahre alt ist, oder
  • wer noch nicht 25 Jahre alt, aber noch in Ausbildung ist oder eine volle IV-Rente bezieht.

Aufteilung nach Köpfen
Wenn es mehrere Begünstigte in dieser Gruppe gibt, wird das Freizügigkeitsguthaben nach Köpfen verteilt. Wenn es drei Personen sind, erhält also jede einen Drittel.

nach oben

Gruppe 2:
Erheblich unterstützte Personen, Lebenspartner oder die Person, die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss

Wenn Begünstigte in der Gruppe 1 fehlen, dann kommen Personen gemäss Gruppe 2 infrage für eine Begünstigung an den Freizügigkeitsgeldern.

Erheblich unterstützte Personen: Personen, die vom Verstorbenen erheblich unterstützt worden sind, sind in der zweiten Gruppe begünstigt. Wann eine Unterstützung erheblich ist, ist schwer zu sagen. Deshalb ist diese Frage Gegenstand vieler Gerichtsverhandlungen. In einem Bundesgerichtsurteil wurde eine erhebliche Unterstützung verneint, die weniger als 20 Prozent der Lebenskosten betrug. In zeitlicher Hinsicht wird eine Unterstützung als erheblich erachtet, wenn sie mindestens über eine Dauer von zwei Jahren erfolgte.

Lebenspartner: Unverheiratete oder nicht eingetragene Lebenspartner:innen sind dann begünstigt, wenn mit dem Verstorbenen in den vergangenen fünf Jahren bis zum Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft bestanden hat.

Hinweis: Bei Freizügigkeitsstiftungen sind Lebenspartner:innen von Gesetzes wegen begünstigt. Anders bei der Pensionskasse, dort müssen Sie den:die begünstigte:n Lebenspartner:in melden. Der Grund: Nach Gesetz kann die Pensionskasse den:die Lebenspartner:in als Begünstigte:r vorsehen, sie muss aber nicht. Deshalb haben viele Pensionskassen in ihrem Reglement definiert, dass sie zwar den:die Lebenspartner:in begünstigen, aber nur, wenn diese vor dem Tod als solche gemeldet werden.

Person, die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss: Für den Unterhalt eines Kindes muss man bis zum Erreichen der Volljährigkeit aufkommen oder bis zum Abschluss einer Ausbildung. Wann diese Ausbildung spätestens abgeschlossen sein muss, ist gesetzlich nicht definiert.

Begünstigte dieser Gruppe werden im Gesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) von den Hinterlassenenleistungen ausgeschlossen, wenn sie Witwer- oder Witwenrenten beziehen (Art. 20a Abs. 2 BVG). Dieser Ausschluss gilt jedoch nicht für Freizügigkeitsleistungen.

Aufteilung nach Köpfen
Wenn es mehrere Begünstigte in dieser Gruppe gibt, wird das Freizügigkeitsguthaben nach Köpfen verteilt. Wenn es drei Personen sind, erhält also jede einen Drittel.

Personen aus Gruppe 2 priorisieren
Falls Sie Personen aus Gruppe 2 im Todesfall begünstigen möchten, sollten Sie diese im Vertrag mit der Freizügigkeitsstiftung erwähnen. Dies könnte sein: Ihr heutiger Lebenspartner, Ihre Expartnerin, die sich um die gemeinsamen Kinder kümmert, oder eine Person, die von Ihnen momentan grosse finanzielle Unterstützung erhält.

nach oben

Gruppe 3:
«Selbstständige» Kinder, Eltern und Geschwister

Wenn in Gruppe 1 und 2 im konkreten Todesfall keine Begünstigten existieren, dann werden Personen gemäss Gruppe 3 begünstigt.

«Selbstständige» Kinder: Dies sind primär die erwachsenen Kinder, die nicht mehr in Ausbildung sind. Der Begriff «selbstständige Kinder» meint Kinder,

  • die nicht in die Gruppe 1 gehören, weil sie zum Zeitpunkt des Todes keine Waisenrente erhalten haben und
  • die auch nicht in die Gruppe 2 gehören, weil sie nicht mehr finanziell vom verstorbenen Elternteil unterstützt worden sind.

Das sind also primär die erwachsenen Kinder, die nicht mehr in Ausbildung sind.

Eltern und Geschwister: Eltern und Geschwister müssen nicht näher erklärt werden. Halbgeschwister sind Geschwistern gleichgestellt. Stiefgeschwister hingegen erhalten nichts, weil sie nicht verwandt sind.

Aufteilung nach Köpfen
Auch in dieser Gruppe erfolgt eine Aufteilung nach Köpfen, falls es mehrere Begünstigte geben sollte (und in den Gruppen 1 und 2 keine Begünstigten existieren).

nach oben

Gruppe 4:
Die übrigen gesetzlichen Erben unter Ausschluss des Gemeinwesens

Wenn Begünstigte in der Gruppe 1, 2 oder 3 fehlen, werden die übrigen gesetzlichen Erben in Gruppe 4 begünstigt.

Der Grund, warum das Gemeinwesen hier ausgeschlossen wird, ist der folgende: Das Gemeinwesen gehört per Definition auch zu den gesetzlichen Erben. Damit die übrigen gesetzliche Erben nicht mit dem Gemeinwesen teilen müssen, ist dieses ausgenommen. Denn auch in der Gruppe 4 gilt der Grundsatz, dass bei mehreren Begünstigten eine Aufteilung nach Köpfen erfolgt.

nach oben

Auszahlungsformalitäten und Steuer

Formular und Unterlagen einreichen

Wie ist im Todesfall einer nahestehenden Person vorzugehen? Sie müssen bei der Freizügigkeitsstiftung ein Formular einreichen, mit welchem Sie den Tod der Verstorbenen melden und die Begünstigten nennen. Zusätzlich zum Formular werden unterschiedliche Unterlagen verlangt, die notwendig sind für die detaillierte Klärung der Begünstigten. Beispiele:

  • Amtlicher Ausweis
  • Zivilstandsnachweis
  • Scheidungsurteile der geschiedenen Ehen/aufgelösten Partnerschaften
  • Willensvollstreckerzeugnis
  • Erbschein
  • Bei Erbausschlagung das Erbausschlagungsprotokoll
  • usw.

Keine Rente, nur Kapital

Normalerweise werden Freizügigkeitsguthaben in Kapitalform ausbezahlt, also mit einer eimaligen Zahlung beglichen.

Kapitalbezugssteuer

Die an der Freizügigkeitsleistung Begünstigten müssen die Auszahlung als Kapitalleistung aus der Vorsorge versteuern. Die Begünstigten bezahlen demnach eine Kapitalbezugssteuer, wenn sie in der Schweiz steuerpflichtig sind.

Um die Steuerrechnung müssen Sie sich allerdings nicht selbst kümmern, denn die Freizügigkeitsstiftung meldet die Auszahlung der Steuerbehörde. Die zuständige kantonale Steuerbehörde wird den Begünstigten zeitnah eine Rechnung zukommen lassen.

Im Ausland wohnhafte Begünstigte bezahlen die Steuer an der Quelle, das heisst, die Steuer wird vor der Auszahlung dem Betrag in Abzug gebracht und von der Freizügigkeitseinrichtung dem Staat abgeliefert – ausbezahlt wird nur der Nettobetrag.

Was passiert im Todesfall mit der Pensionskasse?

Bisher haben wir in diesem Artikel betrachtet, wie mit den hinterlassenen Guthaben auf Freizügigkeitskonti umgegangen wird. Ähnlich, aber nicht genau gleich funktioniert es auch, wenn das Geld sich noch in einer Pensionskasse befindet. Dort stellt sich allerdings zusätzlich die Frage, ob es einen vollen, nur einen teilweisen oder gar keinen Rückgewähr auf dem Altersguthaben gibt.

Mehr zu diesem Thema erfahren

Lesen Sie mehr zum Thema «Freizügigkeitskonto».