Stehen Sie bald vor der Pensionierung? Dann stellen Sie sich vermutlich die Frage, wie Sie sich die Pensionskasse auszahlen lassen sollen, als Rente oder Kapital. In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Aspekte, die dabei berücksichtigt werden müssen.
Inhalt
Rente oder Kapitalbezug: Wichtige Unterschiede auf einen Blick
Der wichtigste Unterschied ist: Mit der Rente erhalten Sie ein regelmässiges Einkommen, das monatlich auf Ihrem Konto landet und im Prinzip den Lohn ersetzt. Beim Kapitalbezug ist das anders. Dort erhalten Sie das angesparte Geld auf einen Schlag.
Was Sie mit dem Geld aus dem Kapitalbezug machen, ist Ihnen überlassen. Falls Sie sich die Pensionskasse auszahlen lassen, statt eine Rente zu beziehen, haben Sie nur die AHV-Rente als regelmässiges Einkommen. Ob Sie das Kapital am Finanzmarkt investieren oder auf dem Sparkonto lassen – Ihren Lebensunterhalt müssen Sie aus Ihrem angesparten Vermögen bestreiten.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Mit der Rente fällt das Pensionskassenguthaben nicht in den Nachlass. Es gelten die Bestimmungen des BVG. Anders beim Kapitalbezug. Das bezogene Geld fällt in die Erbmasse und Sie können mit einem Testament regeln, wer das Geld erhält. Mehr zum Thema Pensionskasse im Todesfall erfahren Sie im verlinkten Artikel.
Rente | Kapitalbezug | |
Auszahlung | lebenslanges Einkommen in Form einer Rente | einmalige Auszahlung des Altersguthabens |
Planbarkeit | gute Planbarkeit durch garantierte Rente bis zum Lebensende | keine verlässliche Planbarkeit, da viele unbekannte Faktoren (z.B. Restlebenszeit, Rendite bei Anlagen) |
Steuern | zu 100% als Einkommen steuerbar | beim Bezug fällt die Kapitalbezugssteuer an, danach ist das Kapital als Vermögen steuerbar |
Absicherung des Ehepartners im Todesfall | im Obligatorium: Rente von 60% der Altersrente der verstorbenen Person1, oder Kapitalabfindung in der Höhe von drei Jahresrenten | fällt in die Erbmasse und wird gemäss Testament an die Erben verteilt |
Absicherung von Kindern im Todesfall | im Obligatorium: 20% der Altersrente2 | fällt in die Erbmasse und wird gemäss Testament an die Erben verteilt |
Absicherung von weiteren Personen im Todesfall | i.d.R. verfällt die Rente | fällt in die Erbmasse und wird gemäss Testament an die Erben verteilt |
2Waisenrente wird bis zur Volljährigkeit ausbezahlt oder bis zum Abschluss der Ausbildung (maximal bis zur Vollendung des 25. Altersjahres).
Wie entscheiden zwischen Rente oder Kapital?
Was ist sinnvoll: Rente, Kapitalbezug oder die Kombination von beidem? Dafür gibt es keine pauschale Antwort. Um sich entscheiden zu können, sind folgende Fragen besonders wichtig:
- Wie hoch ist meine Lebenserwartung?
- Wie hoch ist mein Rentenumwandlungssatz?
- Habe ich Kenntnisse und Erfahrung mit Finanzanlagen?
- Wie viel Sicherheit brauche ich?
- Wie hoch ist mein finanzieller Grundbedarf?
- Wie wichtig ist mir Steueroptimierung?
Was für eine Rente spricht: | Was für den Kapitalbezug spricht: | |
Lebenserwartung | Eine hohe Lebenserwartung spricht eher für den Bezug einer Rente. | Eine tiefe Lebenserwartung spricht eher für den Bezug des Kapitals. |
Rentenumwandlungssatz | Ein hoher Rentenumwandlungssatz spricht eher für den Bezug einer Rente. | Ein tiefer Rentenumwandlungssatz spricht eher für den Bezug des Kapitals. |
Wissen und Erfahrungen mit Finanzanlagen | Sie sind es sich nicht gewohnt, Geld an den Finanzmärkten zu investieren. | Sie sind es sich gewohnt, Geld an den Finanzmärkten zu investieren. |
Finanzieller Grundbedarf | Sie können Ihren finanziellen Grundbedarf mit einem (Teil-)Kapitalbezug nicht decken. | Ihre Einnahmen nach der Pensionierung reichen aus, um ihren finanziellen Grundbedarf zu decken. |
Sicherheitsbedürfnis | Ihr Sicherheitsbedürfnis ist hoch. | Sie sind bereit, Risiko einzugehen. |
Steueroptimierung | Ein tiefes steuerbares Einkommen und ein tiefer Grenzsteuersatz kann für eine Rente sprechen. | Ein hohes steuerbares Einkommen und ein hoher Grenzsteuersatz kann für einen Kapitalbezug sprechen. |
Schauen wir uns nun an, wie Sie die obenstehenden Fragen für sich im Detail klären können.
Lebenserwartung
Fakt ist: Schweizerinnen und Schweizer leben immer länger. Im Durchschnitt werden Männer 82 Jahre alt, Frauen 86 Jahre. Die verbleibende Lebensdauer für 65-jährige Personen liegt gar bei 20 bzw. 23 Jahren.
Vielleicht haben Sie schon einmal vom Langlebigkeitsrisiko gehört. Dieser Begriff bezeichnet das Risiko, länger zu leben als erwartet und schlussendlich zu wenig Kapital für den Lebensunterhalt auf der Seite zu haben. Um auf Nummer sicher zu gehen, rechnen Sie daher lieber mit einer zu hohen als einer zu tiefen Lebensdauer.
Rentenumwandlungssatz
Klären Sie, welcher Umwandlungssatz bei Ihrer Pensionskasse gilt. Sofern Sie auch Altersguthaben im überobligatorischen Teil angespart haben, kann sich der Umwandlungssatz von Pensionskasse zu Pensionskasse unterscheiden.
Kenntnisse und Erfahrungen mit Finanzanlagen
Stellen Sie sich folgende Fragen: Habe ich schon Vermögen angelegt und fühle ich mich sicher in solchen Entscheidungen? Oder kommt es in Frage, das Investieren einem Vermögensverwalter zu überlassen? Fühle ich mich wohl dabei, Teile meines Vermögens selbst zu verwalten und es anzulegen, und zwar bis ins hohe Alter?
Auch hier gilt: Wer kein Risiko eingehen kann oder möchte, ist mit einer Rente wohl am besten bedient. Wer hingegen ein Risiko eingehen kann, für den kommt ein Kapitalbezug grundsätzlich in Frage.
Wie viel Sicherheit brauche ich?
Beim Sicherheitsbedürfnis geht es darum zu klären, wie wichtig Ihnen ein zuverlässiges, monatliches Einkommen ist. Beruhigt Sie der Gedanke, ein Leben lang eine fixe Rente zu erhalten und sich nicht um Finanzanlagen kümmern zu müssen? Dann ist die Rente wohl die beste Wahl für Sie.
Wie hoch ist mein finanzieller Grundbedarf?
Der erste Schritt zur Entscheidung besteht darin, den eigenen finanziellen Bedarf realistisch einzuschätzen. Es gilt der Grundsatz: Sie müssen Ihre Ausgaben decken können, auch wenn Sie deutlich länger leben als erwartet. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Kapitalbezug grundsätzlich in Frage kommt.
Berechnen Sie, wie hoch Ihre monatlichen Fixkosten nach der Pensionierung sein werden. Dazu zählen alle Kosten, die fix und in gleichbleibender Höhe eingeplant sind – wie etwa Kosten fürs Wohnen, Lebensmittel, Mobilität oder Prämien für die Krankenkasse. Dabei sollten Sie unbedingt die auf die Renten anfallenden Steuern berücksichtigen. Dazu können Sie etwa den Steuerrechner der Eidgenössischen Steuerverwaltung nutzen. Die Summe dieser monatlichen Fixkosten ist Ihr persönlicher finanzieller Grundbedarf.
Um den finanziellen Grundbedarf zu ermitteln, sollten Sie ein Budget erstellen. Dazu haben wir Ihnen eine Vorlage zur Budgetplanung erstellt. Sobald Sie das erledigt haben, können Sie von Ihrem Grundbedarf die voraussichtliche AHV-Rente und andere fixe Einnahmen (z.B. Mieteinnahmen) abziehen. Was durch die AHV oder andere fixe Einnahmen nicht gedeckt wird, müssen Sie durch die Pensionskasse und allenfalls die Säule 3a decken.
Wichtig: Planen Sie auch ein finanzielles Polster ein. So stellen Sie sicher, dass Sie unvorhergesehene Ausgaben stemmen können.
Steuern bei Rente und Kapitalbezug im Vergleich
Die Rente gilt als normales Einkommen und muss jedes Jahr in der Steuererklärung deklariert werden. Beim Kapitalbezug wird einmalig eine reduzierte Steuer fällig, die sogenannte Kapitalbezugssteuer.
Je länger man eine Rente bezieht, desto eher hätte sich aus steuerlicher Sicht der Kapitalbezug gelohnt. Sprich: Auf Dauer ist der Kapitalbezug steuerlich attraktiver als die Rente. Wer es genau wissen will, kann sich in unserem Beitrag zu den Steuern bei Kapitalbezug und Rente weiter informieren.
Viele Personen entscheiden sich wegen den möglichen Steuerersparnissen für den Kapitalbezug. Das kann ein guter und legitimer Grund sein. Den Entscheid sollten Sie aber keinesfalls nur aus steuerlichen Gründen fällen.
Pensionskassen-Rente oder Kapital bei einer Frühpensionierung
Es ist möglich, sich bereits ab dem 63. Geburtstag pensionieren zu lassen (Art. 13 BVG). Einzelne Pensionskassen ermöglichen die Frühpensionierung schon vorher. Zudem ist ab 58 Jahren eine Teilpensionierung möglich. Das bietet steuerliche Vorteile für den Kapitalbezug, da man mit mehreren Bezügen die Steuerprogression brechen kann.
Aber: Eine Frühpensionierung führt zu einer überproportionalen Reduktion der Altersleistungen. Denn es wird nicht nur die Bezugsdauer verlängert, sondern auch die Dauer der Beitragsleistungen verkürzt. Das kann auch Auswirkungen auf die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen haben. Auch hier gilt: Rechnen Sie genau, ob Sie Ihren persönlichen finanziellen Grundbedarf trotz Frühpensionierung decken können.
Bei einer schrittweisen Reduktion des Arbeitspensums ist es bei manchen Pensionskassen möglich, den bisherigen Lohn weiterzuversichern. So bleibt die Altersrente gleich hoch, wie wenn Sie sich zum ordentlichen Zeitpunkt pensionieren lassen hätten.
Was Personen mit Wohneigentum beachten müssen
Für Personen mit Wohneigentum ist die Entscheidung zwischen Rente, Kapitalbezug oder der Kombivariante besonders wichtig. Es stellt sich die Frage, wie das Einkommen gesichert werden kann, sodass das Eigenheim langfristig tragbar bleibt.
Mit der Pensionierung ändern sich die Regeln zur Tragbarkeit und Amortisation einer Hypothek:
- Tragbarkeit der Hypothek: Bei der Pensionierung kann es sein, dass manche Banken eine neue Tragbarkeitsrechnung durchführen. Wie die Banken das Vermögen aus dem Kapitalbezug und eine allfällige Rente anrechnen, unterscheidet sich von Bank zu Bank. Klären Sie direkt mit Ihrem Anbieter, ob die Hypothek trotz den finanziellen Änderungen weiterhin tragbar bleibt.
- Amortisation der Hypothek: Banken decken ab dem Pensionierungsalter maximal 65 Prozent des Immobilienwertes. Damit die Hypothek weiterhin finanzierbar bleibt, müssen Sie allenfalls die Hypothek amortisieren.
Wichtig ist, dass Sie nicht alles Pensionskassengeld zur Amortisation der Hypothek verwenden. Im Rentenalter ist es deutlich schwieriger, die Hypothek aufzustocken, falls Sie wieder Geld benötigen.
PS: Ab 50 Jahren ändern sich die Regeln für den WEF-Vorbezug. Es kann nur noch die Freizügigkeitsleistung in der Höhe des Guthabens im Alter von 50 Jahren bezogen werden.
Rahmenbedingungen für den Kapitalbezug klären
Die Bedingungen für den Kapitalbezug können sich von Pensionskasse zu Pensionskasse unterscheiden. Diese zwei Dinge müssen Sie unbedingt im Voraus klären:
- Wie viel des Altersguthabens kann ich als Kapital beziehen?
- Bis wann muss ich mich entscheiden?
Sind Sie verheiratet? Dann brauchen Sie für den Kapitalbezug immer die schriftliche Zustimmung Ihres Ehepartners.
Wie viel darf ich als Kapital beziehen?
Das Gesetz legt fest: Jede Person kann sich mindestens 25% des obligatorischen Altersguthabens in Bargeld auszahlen lassen (Art. 37 BVG). Pensionskassen steht es frei, einen Kapitalbezug von bis zu 100% zu ermöglichen.
Das bedeutet auch: Sie müssen sich nicht für oder gegen eine Rente bzw. einen Kapitalbezug entscheiden. Ihnen steht es offen, eine Mischform von beidem zu wählen. Sie können sich also etwa einen Viertel des Altersguthabens als Kapital auszahlen lassen und den Rest als Rente beziehen. Die Rente berechnet sich dann aufgrund des übrigbleibenden Betrags nach Abzug des Kapitalbezugs.
Achtung: Der gesetzliche Anspruch gilt nur für das obligatorische Altersguthaben. Für das überobligatorische Guthaben können Pensionskassen eigene Regeln bestimmen.
Anmeldefrist für den Kapitalbezug der Pensionskasse
Pensionskassen dürfen selbst festlegen, bis wann der Kapitalbezug angemeldet werden muss. Mittlerweile gibt es viele Pensionskassen, die relativ kurze Anmeldefristen vorsehen. Dazu gehören grosse Pensionskassen wie etwa:
- Swiss Life: Den Kapitalbezug müssen Sie hier mindestens einen Monat vor der Pensionierung anmelden.
- Axa: Den Kapitalbezug müssen Sie hier vor der ersten Rentenzahlung anmelden.
- Vita: Sofern Sie sich regulär pensionieren lassen, müssen Sie sich nicht aktiv bei Vita melden. Vita meldet sich zwei Monate vor dem Erreichen des Referenzalters bei Ihnen.
- BVK: Bei der BVK ist die Meldung des Kapitalbezugs frühestens sechs Monate bis spätestens einen Monat vor der Pensionierung möglich.
Mit der Anmeldung ist der Entscheid für den Kapitalbezug definitiv. Wollen Sie sich kurz vor der Pensionierung umentscheiden? Das ist nicht bei allen Pensionskassen möglich. Bei manchen Pensionskassen ist der Antrag auf den Kapitalbezug unwiderruflich. Bei anderen müssen Sie mit einem Strafabzug rechnen.
Pensionskasse auszahlen lassen: Wie Sie Ihr Vermögen verwalten können
Wie bereits erwähnt liegt es an Ihnen, was Sie mit dem Kapitalbezug aus der Pensionskasse tun. Grundsätzlich haben Sie zwei Optionen:
- Sie deponieren das Geld bei einer Bank, etwa auf einem Sparkonto.
- Sie investieren das Geld, etwa in ETFs, Aktien, Obligationen oder Immobilien.
Die erste Möglichkeit, also das Geld auf einem Bankkonto liegen zu lassen, bietet Sicherheit und einfache Verfügbarkeit. Allerdings ist die Verzinsung von Sparkonten aktuell niedrig und liegt häufig unter 1%. Durch die Inflation kann das Geld im Laufe der Zeit an Wert verlieren. Diese Option ist daher vor allem für Menschen interessant, die eine möglichst risikofreie Lösung suchen und mit dem Verzehr des Kapitals zurechtkommen.
Alternativ können Sie das Geld investieren. Diese Variante ist insbesondere für vermögende Personen mit Kenntnissen vom Investieren geeignet. Sie ist nicht geeignet für Personen, die gar keine Risiken eingehen können oder wollen. Gut gestreute Portfolios aus verschiedenen Anlageklassen und mit unterschiedlich langen Anlagehorizonten können helfen, Marktschwankungen auszugleichen und das Kapital langfristig zu sichern.
Mittlerweile bieten einige Anbieter einen sogenannten Entnahmeplan an. Damit können Sie sich aus den investierten Mitteln eine Zeit-Rente auszahlen lassen. Im Gegensatz zu einer Pensionskassen-Rente endet eine Zeit-Rente, sobald das Kapital aufgebraucht ist. Auch finpension bietet im Rahmen unserer Vermögensverwaltung einen Entnahmeplan an. Im Vergleich von digitalen Vermögensverwaltern ist finpension sehr günstig.
Wann ist eine Beratung sinnvoll?
Wir hoffen, Ihnen mit diesem Artikel zur Frage «Rente oder Kapitalbezug» eine erste Hilfestellung für Ihren Entscheid gegeben zu haben. Trotzdem kann es sinnvoll sein, sich bei Unsicherheiten oder ungeklärten Fragen professionelle Hilfe zu holen.
Dafür gibt es verschiedene Anlaufstellen. Für tiefergehende Lektüre bieten sich etwa Ratgeberbücher an, z.B. vom Beobachter. Oder Sie sehen sich die Informationen und digitalen Werkzeuge Ihrer Pensionskasse an. Alternativ können Sie auch eine persönliche Beratung buchen. Wichtig ist hier: Wenden Sie sich an möglichst unabhängige Berater. Ansonsten ist es möglich, dass Ihr Berater nicht Ihre, sondern seine Interessen an die erste Stelle setzt. Denn Beratungen sind selten unabhängig.